Mutter Natur
Du bist hier, schon länger als wir alle zusammen. Du hast dich angepasst, du hast dich entwickelt. Du hast dich verändert, du hast dich optimiert. Du hast mitbestimmt, du hast aussortiert. Du gibst Lebensraum, du gibst Luft zum Atmen. Du kannst heilen, du kannst kränken. Du bestimmst, du setzt Grenzen. Du ernährst uns, du beschützest uns. Ohne dich gibt es uns nicht, ohne dich gibt es kein Leben. Ohne dich wären wir verloren, ohne dich würden wir sterben. Dank dir haben wir alles, dank dir können wir leben. Wegen uns musst du leiden, wegen uns musst du kämpfen. Du bist artenreich, du bist vielfältig. Du bist farbig, du bist lebendig. Es gedeiht, es blüht, es summt. Du bist einfarbig, du bist leer. Du bist ausgelaugt, du bist gekränkt. Es brennt, es überflutet, es schmilzt. Du gerätst ins Ungleichgewicht, du zeigst es uns. Wir sehen es, wir drehen uns weg. Wir brauchen dich, aber wir zerstören dich. Wir nehmen was wir wollen, wir vergessen was wir nicht mehr sehen. Wir produzieren, wir verschmutzen. Wir jagen, wir rotten aus. Wir angeln, wir überfischen. Wir sehen, wir nehmen. Wir wissen, dass wir dich brauchen. Wir wissen, dass wir nicht ohne dich können. Wir wissen, dass wir uns schaden. Wir wissen, dass wir etwas ändern müssen. Ohne dich würde es uns nicht geben. Ohne dich wären wir nichts. Ohne uns wärst du vielfältiger, ohne uns wärst du schöner. Ohne uns wärst du lebendiger, ohne uns wärst du ausgeglichener. Wir zerstören dich, wir machen weiter. Wir sehen deine Wunden, wir wenden uns ab. Wir wollen deine Ressourcen, wir wollen dein Eigentum. Wir graben tiefer, wir gehen immer weiter. Wir kennen keine Grenzen, wir übertreiben. Wir fragen nicht, wir nehmen. Noch gibt es alles, noch fehlt es uns an nichts. Noch können wir leben, noch schränkt uns nichts ein. Deine Vielfalt verschwindet, deine Schönheit wird zerstört. Deine Überlebenskunst wird gefordert, deine Hartnäckigkeit ausgereizt. Wir wollen dich retten, wir wollen nichts ändern. Wir wollen etwas ändern, wir wollen nichts missen. Wir wollen den Luxus, wir wollen alles. Wir sehen die Konsequenzen, wir wollen es nicht wahrhaben. Wir sehen die Zerstörung, wir zerstören weiter. Wir wollen helfen, wir wollen zuschauen. Wir vergessen was wir haben, wir vergessen, dass wir alles haben. Wir machen weiter, bis es zu spät ist. Wir machen weiter, bis nichts mehr da ist. Wir machen weiter, ohne Angst auf Verluste. Wir machen weiter, bis wir tot sind.
Nadine Camastral / IDA Malerei